Hirokazu Kobayashi wurde am 14.12.1929 geboren. Bereits im Alter von 7 Jahren fing er mit Karate, Kendo und Judo an. Diese Kampfkünste betrieb er bis ca. 1943.
Während des Krieges erlebte er eine Art Wiedergeburt. Sechs Monate vor Kriegsende, als 16-jähriger, wurde er als Kamikazepilot auf einem Flugzeugträger eingesetzt. Als es zu seinem Einsatz kam, streikte ein Motor seiner Maschine und er konnte nicht mehr starten, da die Maschine nicht rechtzeitig repariert werden konnte. Alle seine Freunde und Kameraden seiner Staffel kamen ums Leben. Zwölf Stunden vor seinem nächsten "letzten Einsatz" wurde der Flugzeugträger von einem U-Boot torpediert und versank. Er war einer von wenigen Überlebenden, nach vier Tagen im Wasser wurde er schwerverletzt und erschöpft gerettet. Er hatte sich während der vier Tage an Holzplanken und Fässern festgeklammert.
In der Zeit Ende 1945 -Anfang 1946, nach dem Krieg, begann der Meister mit Aikido: Im Jahre 1946 soll ihm sein Karatelehrer gesagt haben, er solle einige Zeit mit Karate aufhören und eine andere Budo-Sportart erlernen. Anschließend habe er ihm ein Empfehlungsschreiben für O-Sensei M. Ueshiba gegeben. Mit diesem Empfehlungsschreiben ging er nach Tokio. O-Sensei war nicht anwesend, sein Sohn Kishomaru Ueshiba habe das Training geleitet. Obwohl er keinen Dogi dabei hatte, durfte er gleich mittrainieren. Doch die vielen Hebeltechniken am Handgelenk sei er nicht gewohnt gewesen, so daß er nach dem Training nur unter großen Schmerzen seine Essstäbchen halten konnte.
Nach seinen Angaben war sein bester Freund zur damaligen Zeit M. Saito. Auch als Uke teilten sie oft Freud und Leid. Während bei Aikiken-Trainingsstunden oft Kobayashi Sensei als Uke aufgefordert wurde, war es im Aikijo Saito Sensei, wenn er nicht organisatorische Aufgaben für O-Sensei erledigen mußte. Deshalb sagte Kobayashi Sensei, sei er mehr dem Aikiken verbunden. Kobayashi Sensei beschrieb die lange Zeit an O-Sensei`s Seite als äußerst hart, nicht nur als Uke, sondern auch außerhalb der Tatami als Begleitung von O-Sensei war es außerordentlich anstrengend, da O-Sensei sehr impulsiv war und oft kurzerhand irgendwelche Planungen einfach über den Haufen warf.
In Tokio verweilte Kobayashi Sensei insgesamt ca. 9 Jahre, im Jahre 1954 ging er nach Osaka. Nach Kobayashi Sensei`s Angaben war O-Sensei fast jeden Monat in Osaka, um einen 10-Tageslehrgang abzuhalten. Gemäß O-Sensei entsprechen 10 Tage am Stück dem Optimum, um Aikido zu lernen und zu verstehen. Danach bräuchten Körper und Geist erst einmal eine Ruhepause (deshalb wurde der traditionelle Lehrgang von Kobayashi Sensei in Thonon les Bains immer während 10 Tagen abgehalten).
Zu späterer Zeit ging er auch zu Seiseki Abe um Aikido zu unterrichten, aber hauptsächlich um Kalligraphie zu lernen, da dieser ein Kalligraphielehrer war. Ebenso wurde 1954 das Dojo von M. Hikitsuchi in Shingu eröffnet, zu dem O-Sensei regelmäßig ging. In Iwama war er sehr oft, um sich von den Reisen zu erholen und um zu beten und sich zum Ausgleich auch Gartenarbeiten zu widmen. Im Hombu Dojo war O-Sensei laut Auskunft von Kobayashi Sensei selten, vielleicht 2 Tage im Monat. Dort unterrichteten Kishomaru Ueshiba und viele verschiedene Aikikaimeister.
Von 1957 an gab Kobayashi Sensei seinen Beruf auf und machte nur noch Aikido. Wenn er nicht O-Sensei begleitete, unterrichtete er auf Geheiß von O-Sensei selbst an über 30 Hochschulen in Osaka und Kobe. Als 1961 O-Sensei nach Hawai ging, sollte Kobayashi Sensei mit, doch dessen Vater starb und so ging an seiner Stelle N. Tamura mit. 1964 bekam er von O-Sensei im Alter von 35 Jahren den 8. Dan, damit war er der jüngste 8. Dan. In diesem Jahr ging er auf Wunsch von O-Sensei das erstemal nach Europa um Aikido zu unterrichten. Den ersten "Kampfkunst"-Lehrgang hielt er in der Schweiz in der Nähe von Genf ab. Der Lehrgang wurde von dem Judoka Jakob Boetschi ausgerichtet, der auch den Kontakt zu O-Sensei bzw. Kobayashi Sensei herstellte. Auf dem Lehrgang waren nur Judokas, die gehört hatten, dass ein Großmeister aus Japan einen Lehrgang in AIKIDO abhält. So kamen 40 Judokas um Sensei Kobayashi zu "testen". Sensei Kobayashi wusste um die Stärke der Judokas und ließ trotzdem nur den typischen Angriff von den Judokas ausführen. Sobald sie ihn berührten, störte er ihren Angriff durch einen Atemi, der meistens auch recht kräftig traf, da die Judokas diese Art, sich zu verteidigen, nicht kannten. Und bevor sie sich versahen, lagen sie bereits auf der Matte. Mit den Aikidotechniken, vor allem mit den für sie ungewohnten Hebeln, konnten sie wenig anfangen. Sensei Kobayashi wunderte sich nur, daß die Schweizer beim Nikyo derart hart im Nehmen waren, immer schrien sie "Eeeiiii" und Sensei verstand das japanische "Hai" (gesprochen "Heeii"=JA) und dachte, der Gepeinigte wolle den Nikyo noch härter und stärker spüren. Im nächsten Training waren nur noch 10 Judokas übrig, entweder hatten sie ziemliche "Gelenkschmerzen" oder Angst.
Der erste offizielle Aikido-Lehrgang wurde dann in Tilburg in den Niederlanden von Meister Kobayashi abgehalten. Von dieser Zeit an kam er regelmäßig jedes Jahr, lange Zeit im Frühjahr und Sommer, um Lehrgänge zu leiten. Das Jahr 1964 war nochmals ein wichtiges Jahr in der Aikidogeschichte, da O-Sensei wieder Änderungen an seinem System vornahm. Er fügte das Meguri hinzu, kleine Drehungen der Hand oder des Armes. Kobayashi Sensei übernahm diese Änderungen als einer der wenigen und dies prägte sein Aikido.